Maurice de VLAMINCK
Maler und Graphiker
geboren: 4.4.1876 in Paris, gestorben: 11.10.1958 in Reuil-la-Gadeliere
(Eure-et-Loire)
Vlamincks Kunst ist untrennbar mit der großen Liebe seines Lebens
verbunden: Er liebte die Malerei leidenschaftlich, ohne jedoch andere Passionen
wie Radrennen, Autofahren, Geigenspiel oder das hektische Boheme-Leben
auszuschließen. Der Begriff >Fauvismus< ist in der ungewöhnlichen
Wildheit der Kunst Vlamincks zu jener Zeit verkörpert. Doch eine geistige
Grundlage, die beispielsweise die Kühnheit Matisses trägt, verrät
das Werk Vlamincks nicht. Deshalb rügt man ihn häufig als schreierisch
und schrill. Diese Kritik, die eine gewisse Wahrheit enthält, übersieht
die große Freiheit, die Vlaminck sich selbst zugestand: eine Freiheit
gegenüber der Vergangenheit, gegenüber der akademischen Kunst.
Vlaminck hatte keine formelle künstlerische Ausbildung erhalten. Seine
Eltern waren Musiker, die das Leben in allen Feinheiten liebten und der
Erziehung ihres Sohnes offenbar wenig Beachtung schenkten. Als jugendlicher
wurde Maurice berufsmäßig Radrennfahrer. Derain erinnerte sich,
daß er ihn entweder beim Training oder aber mit seiner Violine oder
mit seinen Leinwänden sah. 1896 gab Vlaminck seine Radfahrer-Karriere
auf und erteilte Geigenstunden. Um 1900 malte er mit Derain in Chatou in
der Nähe von Paris. Vlamincks Frühreife äußerte sich
in wild peitschenden Pinselstrichen. Das wird etwa in dem Bild Mann mit
Pfeife von 1900 deutlich: Der heftige Expressionismus erinnert an des Malers
flämische Abstammung. 1901 besuchte er die Van Gogh-Ausstellung in
der Galerie Bernheim; beim Verlassen tat er den berühmten Ausspruch:
»Van Gogh bedeutet mir mehr als Vater und Mutter.< Bis 1907 stand
er offenkundig unter van Goghs Einfluß. Die breiten, gekrümmten
Pinselstriche bei schwerem Farbauftrag schaffen eine Art dynamischen Soges,
der unter der Oberfläche zu wirbeln scheint. Vlaminck stellte auf
unkonventionelle Weise große Farbflecken in Zinnoberrot, Grün,
Gelb und Weiß zusammen, die er von der Tube unmittelbar auf die Leinwand
drückte. Er war von einem künstlerischen Wahnsinn und von einer
großen Lebensfreude besessen: Er sagte, der Akt des Malens sei für
ihn vergleichbar dem Akt des Liebens. Nach der großen Ausstellung
der Fauves im Salon d'Automne 1908 begann sich die fauvistische Bewegung
aufzuspalten - jeder ging seinen eigenen Weg. Vlaminck näherte sich
der Kunst Cezannes, von dem er jedoch nicht so durchgreifend beeinflußt
wurde wie von Vincent van Gogh. Kurze Zeit kokettierte er mit dem Kubismus.
1914-18 diente Vlaminck in der Armee. Nach dem Ersten Weltkrieg legte er
sich auf eine Stilrichtung fest, die er in den kommenden Jahren nur langsam
änderte. Vlamincks Realismus, der anfangs nüchtern koloriert
und komponiert war, tendierte nun wieder zum Expressionismus. Anstelle
des grellen Tageslichtes seiner fauvistischen Leinwandbilder wandte er
sich der Dramatik von Licht- und Schattenwirkungen zu, womit er Landschaften
unter einem bleiernen, drohenden Himmel oder Blumenstilleben ausstattete,
die sich intensiv leuchtend gegen einen dunklen Hintergrund abheben. In
den 40er Jahren kehrte die künstlerische Spannung zurück, die
sich in der scharf zurücktretenden Perspektive zeigt und seine Landschaften
charakterisiert; mit diesem formalen Hilfsmittel erzielte er psychologische
Tiefe. Um 1950, als er bereits über 70 Jahre alt war, kehrte er zu
der beladenen, gekrümmten Pinselstrichführung und jener Wildheit
zurück, die seine aufsehenerregenden fauvistischen Werke kennzeichnet.
Neben einer großen Produktion von Gemälden veröffentlichte
Vlaminck etwa 20 Bücher - Romane, Gedichte, Memoiren, Kritiken. Seine
Karriere war von explosiver Energie und kann nicht mit dem Maßstab
einer engen Ästhetik gemessen werden.
Werkauswahl:
CHlCAGO Art Institute Gärten in Chatourc, 1904, Leinwand, 81 x107
cm. - MANNHEIM Kunsthalle "Dorf im Schnee, um 1920, Leinwand, 74x93 cm.
- MÜNCHEN Privat-Slg Blumenstrauß«, um 1932, Leinwand,
56 x 46 cm / Dorfstraße, 1943, Leinwand, 45 x 55 cm. - NEW YORK Museum
of Modern Art Winterlandschaft, 1916-77, Leinwand, 54 x 65 cm. - PARIS
Musee du Petit-Palais Bougivaln, 1911, Leinwand, 60x81 cm. - Musee National
d'Art Moderne "Die Küche", 7905, Leinwand, 55 x 56 cm. - ST-HILAIRE
Slg D.-H. Kahnweiler "Selbstbildnis", 1910, Leinwand, 73 x GO cm.
Literaturhinweis:
M. SAUVAGE Vlaminck. Sa vie et son message", Genf 1956. -- M. VLAMINCK
"Tournant dangereux", Paris 1929. - E. FELS Vlaminck, Paris 1927.-G. COQUIOT"Vlaminck",
Paris 1913. H. Read .
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